Donnerstag, 11. April 2013
Vielfalt Á la carte!
Oder wer zur neuen vielfältigeren Gesellschaft gehört, und wer nicht !
Beobachtet man die gesellschaftliche Debatte dieser Tage, so ist in den letzten Jahren viel davon die Rede, dass die Gesellschaft Verschiedenheit als Chance begreifen solle. In besonders hippen Ausschreibungen oder Publikationen heißt dass dann Diversity Managment.Doch welche Vielfalt ist gemeint? Wessen Andersartigkeit wird hier positiv wahrgenommen und gefördert? Auffällig ist, dass Vielfalt als Chance fast ausschließlich im Kontext der Islam und Zuwanderungsdebatte thematisiert wird. Gemeint ist also kulturelle Vielfalt. Es gibt Programm die mehr Migranten in den öffentlichen Dienst holen wollen, versuche Migranten zum THW oder in die Feuerwehr zu locken, was wohl auch ein Versuch ist sie in Deutschem Brauchtum zu unterweisen. Es gibt bei den Begabtenförderungswerken Sonderprogramme um mehr Migranten in die Wissenschaft zu bringen und die Neuen Medienmacher stellen ein Programm zur Förderung des Quereinstiegs von Migranten in den Journalismus bereit. Kurz und Gut, Migranten sind, nachdem wir sie Jahrzehnte eher vernachlässigt haben plötzlich eine hippe Zielgruppe. Sie haben, so scheint es, plötzlich einen Wert für diese Gesellschaft. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, Diese Programme sind begrüßenswert. Nachdenklich stimmt lediglich der in ihnen zum Ausdruck kommende Begriff von Vielfalt. Dieser ist zu eng und schließt die Perspektiven einer anderen „Randgruppe „aus.
Gemeint sind hier die Schwerbehinderten, und unter diesen Wiederum vor allem jene 40%, die unter äußerlich sichtbaren Einschränkungen leiden, und weniger jene rund 60% ,die zum Beispiel nach einer Krebs OP als Schwerbehindert gelten, ohne deren Leid bagatellisieren zu wollen.
Bemerkenswert ist, dass es trotz des überall postulierten Fachkräftemangels keine Debatte über die Frage gibt, wie man die Potenziale Behinderter besser nutzen kann. Zwar gibt es seit einigen Jahren eine Debatte um Inklusive Schulen, die aber wird lustlos und widerwillig geführt. weil Deutschland nun mal die Behindertenrechtskonvention unterzeichnet hat, und nun irgendwie sehen muss,wie es diese Umsetzt.Es gibt keine Bereitschaft Inklusive Schule so zu gestalten und vor allem so zu finanzieren, dass sie funktioniert.Es gibt auch keine offensiv zu Markte getragene Förderung für begabte behinderte studierende. Auf die Tatsache, dass diese mindestens 2 der vier üblichen Auswahlkriterien, kurze Studiendauer, exzellente Noten, internationale Mobilität und gesellschaftliches Engagement behinderungsbedingt nicht erfüllen können, wird nicht eingegangen.
Auch auf dem freien Arbeitsmarkt sieht es schlecht aus. Behinderte sind überdurchschnittlich oft Langzeitarbeitslos, was inzwischen zunehmend auch für hochqualifizierte gilt.Hierzu lohnt sich ein Blick auf diesen Eintrag. In ihm ist eine ernüchternde Reportage verbloggt. Warum aber ist das Interesse Behinderte in die neue vielfältige Gesellschaft aufzunehmen, im Gegensatz zu Migranten so wenig ausgeprägt?
Warum aber ist das Interesse Behinderte in die neue vielfältige Gesellschaft aufzunehmen, im Gegensatz zu Migranten so wenig ausgeprägt?
Vermutlich liegt es daran, dass dem Gros der Gesellschaft Behinderte schlicht egal sind. Man ist an ihrer Perspektive auf die Gesellschaft ihren Potenzialen und ihrer Arbeitskraft nicht interessiert. Viele Arbeitgeber scheinen sogar zu bestreiten, dass Behinderte überhaupt über nutzbare Potenziale verfügen. Behinderte gelten als nicht leistungsfähig. Selbst wenn sie gut qualifiziert sind, ist die schizophrene Argumentation, der betroffene sei zwar gut ausgebildet, könne aber wegen seiner Behinderung die Anforderung am Arbeitsplatz nicht erfüllen nicht selten. Dies gilt trotz eines ganzen Füllhorns von Fördermöglichkeiten, auf die willige Arbeitgeber zugreifen können. Von Nöten ist ein Wandel auf der Arbeitgeberseite.Es muss viel stärker anerkannt werden, dass auch Menschen mit Behinderungen grundsätzlich im Rahmen ihrer Möglichkeiten Leistungsfähig sind. Viele von ihnen haben besondere Talente, die quasi als Kompensationsleistung neben der Behinderung entstehen. Diese Talente müssen produktiv genutzt werden. Letztendlich wird diesen Prozess hoffentlich der zunehmende Fachkräftemangel erledigen. Die neue Liebe zur kulturellen Vielfalt ist ja schließlich auch nicht entstanden, weil plötzlich alle Migration dufte finden, sondern, aus der puren ökonomischen Notwendigkeit, dass man es sich n nicht mehr leisten kann die Talente der Migranten auf der Straße liegen zu lassen.
Davon abgesehen, gibt es auch Trends, welche mich grundsätzlich zweifeln lassen, ob es überhaupt eine wachsende Bereitschaft gibt Verschiedenheit und Andersartigkeit zu akzeptieren. Mit Blick auf die PID oder den Bluttest zur Diagnose von Trisomie 21 bin ich eher geneigt,eine Tendenz zu sehen, die bestrebt ist anders sein schon im Ansatz mittels Biotechnologie aus der Gesellschaft zu tilgen.
Langer Rede kurzer Sinn, ich glaube wir brauchen um eine wirklich offenere Gesellschaft zu werden einen breiten liberalen Begriff von Vielfalt, der neben Behinderten etwa auch psychisch kranke viel stärker einschließt. So wie die Debatten gegenwärtig geführt wird, ist sie viel zu eng und untauglich das Ziel einer besseren, offener Gesellschaft umfassend in die Tat umzusetzen.
Henning
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Deutschland
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