Sonntag, 10. Februar 2013
Integration war gestern !
Meint zumindest die renommierte in den USA lehrende Soziologin Saskia Sassen. Ihre These die sie in einem interessanten Interview mit der Taz vertritt ist, dass wir gegenwärtig einen gigantischen Prozess der sozialen Desintegration in Griechenland Spanien den USA und anderen Krisenländern erleben. Im Unterschied zum gebräuchlichen Begriff des sozialen Ausschluss benutzt Sassen den neuen Terminus der sozialen Ausweisung und definiert ihn im Interview folgendermaßen :
Was wir heute sehen, hat mit sozialem Ausschluss nichts zu tun. Die Grenze, die jemand überschreitet, der in Griechenland seinen Job und sein Haus verliert, ist eine neue Sorte von Grenze. Das nenne ich Ausweisung. Sozialer Ausschluss ist Diskriminierung, aber im Innern des Systems. [...]Was mich hier besorgt, ist etwas Neues. Es sind die Logiken der Ausweisung von Menschen aus traditionellen Ökonomien, von der Möglichkeit, ein Teil der neuen und alten Ordnung zu bleiben.
Sassen geht also davon aus, dass wir es heute mit einem Prozess zu tun haben, der nicht nur Menschen innerhalb des bestehenden Systems diskriminiert, sondern sie aus dem gesamten System hinaus wirft, eben Ausweist. Diese Menschen sind und bleiben dann draußen ohne Chance auf Partizipation in und Teilhabe an der Gesellschaft.Folgt man dieser Analyse, so herrscht in Südeuropa also nicht nur mehr Arbeitslosigkeit als anderswo, vielmehr verarmen ganze Stadtviertel und ehemals breite Mittelschichten fallen endgültig aus der Gesellschaft heraus, In der weiteren historischen Perspektive wird damit die Integrationsleistung die der Keynsianismus ermöglicht hatte quasi zurück gedreht.
Ich finde dies eine zutiefst beunruhigende Analyse, die aber vermutlich sehr nahe an der Wahrheit ist.Europa muss hier Antworten finden, sonst werden die Demokratien Südeuropas die immer noch relativ jung sind unter diesem Ausschluss breiter Teile ihrer Gesellschaften eher früher als später Kollabieren. Wenn das passiert können wir die europäische Einigung vergessen. Dann wird es richtig unschön in Europa. Was passiert wenn breite Schichten keine Chancen haben ist ja seit 2011 im Nahen Osten zu besichtigen. Diese Gesellschaften kämpfen nun unter Schmerzen um eine neue Ordnung. Wäre schön wenn dies Europa aber auch anderen Erdteilen erspart würde. Revolution ist nicht toll, sondern von ein paar Ausnahmen abgesehen meistens sehr blutig und traumatisierend.
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