Donnerstag, 21. Juli 2011
Warum gab es keinen Iranischen Tahir Platz?
Der Tahir Platz in Kairo wurde im Februar 2011 zum Zentrum der Ägyptischen Protestbewegung und gleichzeitig zu einem Symbol für dass was in der westlichen Perzeption inzwischen gemeinhin arabischer Frühling getauft wurde. Verdrängt hat man darüber den Pionier dieser neuen Demokratiebewegung in der islamischen Welt,die islamische Republik Iran. Es waren Millionen Iraner und Iranerinnen, welche den versteinerten Nahen Osten im Sommer 2009 als erste aus der Erstarrung rissen und mit einer beeindruckenden Energie die leider bislang nicht zum Ziel geführt hat für persönliche Freiheit Bürgerrechte und zu aller erst eine faire Wahl eintraten. Einen zentralen symbolträchtigen Sammelpunkt wie den Tahir Platz in Kairo gab es im Iranischen Fall allerdings nie. Auch erreichte die Bewegung nie die Breitenwirkung wie sie dem erfolgreichen Ägyptischen Aufstand oder der Tunesischen Revolution vergönnt war.
Warum ist das so? Hier möchte ich mal wieder auf einen Artikel verweisen.Diesmal stammt er von meinem Bekannten Marian Brehmer den ich Ende Mai auf einer Tagung in Tutzing kennengelernt habe. Er hat für Quantara eine Art Bilanz 2 Jahre nach den Wahlen verfasst . Ein zentraler Unterschied zu Ägypten den Marian meiner Ansicht nach richtiger weise ausmacht ist die Rolle der bewaffneten Kräfte. Im Iran kam es eben gerade nicht zu einer Verbrüderung der Sicherheitskräfte mit den Demonstranten. Basidsch und Revolutionsgarden zeigten sich loyal und erfüllten pflichtschuldig ihre systematisierende Aufgabe. Auch darf sicher nicht vergessen werden, dass das System der islamischen Republik trotz des unzweifelhaft eingetretenen Verlusts an Legitimität noch immer über ein erhebliches Reservoir an Anhängern verfügt. Es gibt eben nach wie vor neben dem extrem westlich orientierten Nord Teheran auch Süd-Teheran oder ländliche Gebiete,auch wenn deren Bedeutung sicher stetig abnimmt. Schließlich hat auch der Iran inzwischen eine Urbanisierungsrate von über 70% erreicht.
Zusätzlich würde ich Marian zustimmen, dass es sehr viel schwerer ist ein Polyzentrisches System wie die islamische Republik in die Knie zu nzwingen, als eine relativ kleine Machtelite um Hosni Mubarak in Kairo, Ein weiteres Problem ist aber meiner Ansicht nach die Tatsache, dass die Führer der Grünen Bewegung selbst in das bestehende System kooptiert sind und es von daher nicht schaffen die Fesseln die ihnen die bestehende Verfassung der islamischen Republik auferlegt zu sprengen.Beispielsweise wird von ihnen die im Grunde antidemokratische Institution des allmächtigen Faqi der über den republikanischen Institutionen steht nicht grundsätzlich in Frage gestellt, sondern nur anders ausgedeutet, etwa indme man ihm eine Art eingeschränkte Wächterfunktion zuweist und ihn der Volkswahl unterwirft.Offen bleibt die Frage ob der Protest nicht längst soweit gediehen ist, dass eine islamische Republik light längst nicht mehr reicht. Die Tatsache das der Revolutionsführer Ali Khamenei inzwischen offen als Diktator angegriffen wird deutet zumindest darauf hin.
Die Bewegung in Ägypten stand hingegen klar außerhalb des Systems und konnte daher "unbekümmerter"über die Frage debattieren,wie ein Ägypten nach Mubarak aussehen soll. Die Kämpfe die zur endgültigen Überwindung des Systems Mubarak ausgefochten werden müssen sind dabei keineswegs vorbei, sondern werden bis heute täglich ausgetragen, wobei sich eine neue Frontlinie zwischen Demokratiebewegung und Militärrat auftut. Ich würde im Moment nicht unbedingt darauf wetten,dass der Militärrat nach Wahlen tatsächlich die Macht abgibt. und wir ab Herbst die erste demokratische Regierung seit den 20er Jahren in Kairo sehen.
Außerdem kann an der Stelle nur wiederholt werden was man im Bezug auf den Iran seit über einem Jahr liest. solange es der Grünen Bewegung nicht gelingt in breitere Bevölkerungsschichten vorzudringen, was etwa durch ein stärkeres aufgreifen der sozialen miesere im Land möglich wäre und diese mit einer klaren Führung und Strategie sowie einem langen Atem gepaart wird kann die Grüne Bewegung nicht gewinnen.Andererseits teile ich Marians Überzeugung, das mit der Grünen Bewegung etwas begonnen hat,dass sich nicht mehr zurückdrehen lässt und letztendlich siegen dürfte.
Leider ist der Fortschritt aber eine Schnecke,sodass keiner weiß wann genau es soweit ist. Die nächsten Chancen zur Mobilisierung bieten die Parlamentswahlen im Frühjahr 2012 und natürlich die nächsten Präsidentschaftswahlen im Juni 2013.Vielleicht entzündet sich aber auch alles an einem vergleichsweise kleinen Zwischenfall wie Anfang des Jahres in Tunesien geschehen
Die Geschichte ist offen und wir können nur abwarten und das Beste für dieses faszinierende Land und seine Menschen hoffen. Diese lebendige Gesellschaft hat ein freieres Leben verdient und zwar möglichst ohne den schmerzhaften Umweg über eine militärische Intervention, die nur die ganze Region in Brand steckt aber nichts gutes bewirkt. Hoffentlich hört der Westen bald damit auf den Iran nur auf die Atomfrage zu reduzieren und sieht endlich das große Potenzial dass in dieser Gesellschaft steckt.
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