Freitag, 29. Juli 2011
Für ein Recht auf globale Bewegungsfreiheit auch für Menschen statt nur Waren!
Das ich der Deutschen und Europäischen Flüchtlingspolitik sehr kritisch gegenüberstehe habe ich auf diesem Blog schon in verschiedenen Beiträgen klar gemacht. Ich empfehle hierzu zum Beispiel die Lektüre der Einträge Der Flüchtling darf nicht zu dick sein,oder der Flüchtling darf sich nicht bewegen, indem ich mich mit der Residenzpflicht auseinandersetze.Nicht zuletzt ist der letzte Beitrag zum Thema erst wenige Stunden alt Manch einer mag sich nun durchaus zurecht fragen,was ausgerechnet mich,1er Politologe aus einem Haushalt der oberen Mittelschicht stammend,dem es materiell noch nie an etwas gefehlt hat antreibt,immer wieder empört Partei für Flüchtlinge zu ergreifen. Immerhin handelt es sich bei ihnen um eine Gruppe die in Deutschland neben Wohnungslosen die vermutlich ökonomisch schwächste Gruppe darstellt und in sofern Lichtjahre von meiner sozialen Realität entfernt ist.
Ich denke ein Grund liegt in meiner Sehschwäche und Körperhinderung.Weil ich dadurch automatisch zu einer Randgruppe in dieser Gesellschaft gehöre empfinde ich eine Art Grundsolidarität mit anderen Randgruppen der Gesellschaft, seien es andere Behinderte, Langzeitarbeitslose, psychisch Kranke oder eben Flüchtlinge um einige Beispiele zu nennen. Dies schließt natürlich nicht aus, dass mir trotzdem die Ghettokids im Marburger Stadtbus oft furchtbar auf die Nerven gehen und ich sehr froh bin mich von diesen abgrenzen zu können.Dennoch nehme ich für mich in Anspruch, stets bemüht zu sein auch solchen Menschen möglichst neutral zu begegnen und nicht den Stab über sie zu brechen. Das gelingt mir leider nicht immer. Manchmal bricht auch bei mir die Niedertracht durch die Oberfläche des Linken Bildungsbürgers,wie dieser ziemlich alte Eintrag demonstriert.
Faktor Zwei ist sicher meine Erziehung. Meiner Familie ging es wie gesagt ökonomisch immer gut und ab einem bestimmten Zeitpunkt sogar sehr gut. Dennoch wurde mir eingehämmert, dass man sich zwar nicht für Wohlstand schämen muss,sich jedoch ebenso immer bewusst sein müsse wie privilegiert man ist und dass es da draußen genug Menschen gibt,denen es nicht so gut geht wie uns.Also sei eine gewisse Bescheidenheit und ein Blick für die Gesamtgesellschaft von Nöten. Aus dem Selben Grund ist mein Papa auch zeitlebens Sozialdemokrat,obwohl er rein Ökonomisch betrachtet zum FDP Klientel zählt. Er prägte meine Abneigung gegen die FDP schon früh mit der Feststellung, die FDP könne man als verantwortungsvoller Bürger einfach nicht wählen,weil ihre Forderungen letztendlich schlecht für die Gesellschaft seien.
Die Dritte und wahrscheinlich stärkste Quelle ist eine tiefe moralische Empörung wenn ich die Asylpolitik Deutschland und der EU nachdenke.Ich finde es einfach zutiefst inhuman wie Deutschland seit dem sogenannten Asylkompromiss von 1992 mit Flüchtlingen Umgeht. Das individuelle Grundrecht auf Asyl ist quasi abgeschafft, wie die unterirdisch niedrigen Anerkennungsquoten des zuständigen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zeigen. So wurden laut dieser Quelle 2010 gerade mal etwa 2,,6% aller Fälle aufgrund des Asylrechtsartikels 16a positiv beschieden.Etwas besser sieht die Schutzquote nur aus,wenn man die aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention aufgenommenen Flüchtlinge hinzuzieht.Hier kamen 2010 immerhin 14,7% der Flüchtlinge durch. weitere 5,6% dürften vorerst in Deutschland bleiben,weil ihnen in ihren Heimatländern zum Beispiel die Todesstrafe droht. Das führt zu einer Gesamtschutzquote von rund 21% Das bedeutet immerhin, das jeder fünfte Bedürftige auch den nötigen Schutz erhält.
An der quasi Abschaffung des Rechts auf Asyl ändert das freilich nichts,den durch die Drittstaatenregelung ist es ja quasi unmöglich geworden überhaupt aufgrund von Artikel 16a anerkannt zu werden. Die wenigsten Flüchtlinge schaffen eine direkte Einreise per Schiff oder Flugzeug. Zusätzlich empört mich bis heute,dass der Asylkompromiss letztendlich nicht anderes darstellte,als ein erbärmliches einknicken vor der Rechtsradikalen Gewaltwelle,die nach der Wiedervereinigung durch die Bundesrepublik schwappte und in Mölln Solingen Hoyerswerda oder Rostock-Lichtenhagen Menschen tötete. Damals entschlossen sich die Eliten dieses Landes lieber gegen Flüchtlinge vorzugehen statt gegen Rechts zu kämpfen.Dies war nur einer von vielen Fällen, in denen die SPD,deren Stimmen für die Verfassungsänderung benötigt wurden ihre Ideale verkaufte.
Ein weiterer Aspekt ist die Abschottung der Festung Europa. ich finde es unerträglich, wie die EU durch Agrarsubventionen und das Leerfischen von Küsten selbst Elend in Afrika produziert und dann die daraus resultierenden Flüchtlinge mittels dereigenen Paramilitärischen Agentur Frontex abfängt, oder eiskalt vor der Mittelmeerküste ersaufen lässt.So können die Skills der angeblichen Soft Power Macht EU nicht funktionieren.Was wir brauchen ist endlich eine gerechte globale Handels und Wirtschaftsordnung.Sie allein ist die beste Gewähr dafür,dass esvon vorne herein überhaupt nicht zu derart großen Fluchtbewegungen kommt wie heute. Schließlich verlässt in der Regel niemand aus Spaß seine Heimat,sondern weil er an Leib und Leben bedroht wird oder für sich zu hause keine Perspektive für ein Menschenwürdiges Leben sieht.
Auch stellt sich doch längst die Frage,warum es nicht möglich sein soll,im Zuge der weiteren Globalisierung neben dem freien Fluss von Waren auch die globale Bewegungsfreiheit für Menschen durchzusetzen. Die heutige Hochrüstung der Grenzen ist langfristig sowieso nicht durchzuhalten und endet im schlimmsten Fall in einem rassistischen europäischen Superpolizeistaat . Eine gerechte Wirtschaftsordnung gepaart mit globalen Bürgerrechten inklusive Bewegungsfreiheit erscheint mir da letztendlich; als die langfristig wesentlich sinnvollere und normativ erstrebenswerte-Option.
Natürlich bin ich mir bewusst, dass in dieser von mir postulierten Forderung ganz viel utopischer Überschuss mit derzeit äußert geringen Realisierungschancen steckt. Wenn überhaupt wird noch Jahrzehnte dauern ehe wir soweit kommen. Ich halte es dennoch für wichtig diese Forderung zu stellen und für sie zu kämpfen,den wer die Möglichkeit einer besseren Welt aufgibt ist meiner Meinung nach irgendwie innerlich tot. Träumen gehört schließlich zum Mensch sein.unbedingt dazu!
Schließen möchte ich den Beitrag dem dem Song Fluchtursachen des Rappers Holger Burner, indem er zu den Selben Schlussfolgerungen wie ich Kommt.
Free Movment is everybody's right - Bleiberecht für alle, überall, jederzeit!
Viel Spaß mit dem Song!
Link
Video via Matthias in Marburg
Schöner Beitrag und danke für den Link - ne Sternebewertung gab's auch schon ;)
AntwortenLöschen