In Anknüpfung an meinen Beitrag Ein Dschihad für die Liebe möchte ich auf einen spannenden Vortrag des Berliner Soziologen Georg Klauda hinweisen. Klauda dekonstruiert durch ausführliche Verweise auf klassische arabische Dichtung die einen offen Umgang mit der Gleichgeschlechtlichen Knabenliebe pflegte das Bild vom; homophoben Islam. Er weist nach,dass Homophobie im Grunde erst durch den Kontakt mit den westlichen Kolonialherren seinen Weg in die arabisch-islamische Welt fand.Die; Knabenliebe bzw. nämliche Homosexualität wurde erst durch die Durchsetzung eines Heteronormativen Beziehungsmodells tabuisiert. Die klassische arabische Dichtung offenbart laut Klauda vor allem einen zentralen Unterschied zwischen dem,was wir heute unter Homophobie verstehen und der Klassischen Islamischen Auffassung. zu diesem Thema,Zitat:"
[Man sieht hier] den Unterschied zwischen dem Islam in seiner traditionalistischen Gestalt, der natürlich einen restriktiven Zugang zu gleich aber auch gegen geschlechtlichen Formen der Sexualität hatte und dem modernen im Europäischen Kontext entstandenen System der Homophobie,dass überhaupt nicht darauf angewiesen ist, bestimmte Handlungen zu verbieten, sondern seine Macht allein dadurch entfaltet, dass es auf der Grundlage von Begehrensdifferenzen Menschen in normale und anormale Subjekte einteilt.Dagegen dachten islamische Juristen selbst in ihren repressivsten Momenten nie daran, Menschen als Krank oder abnorm zu klassifizieren,weil sie eine Person des anderen Geschlechts begehrten."
Dies änderte sich laut Klauda erst, als die Kolonialmächte Großbritannien und Frankreich das aus ihrer Sicht ineffektive Schariarecht,welches für Bestrafungen ganze 4 Zeugen oder das ertappen auf frischer tat voraussetzte, durch ihr heimisches Recht ersetzten.Strikte Auslegungen der Scharia erlebten erst ab den 1970er Jahren im Zuge des Aufstiegs islamistischer Bewegungen einen Siegeszug.
Zum Schluss verweist er zurecht darauf, dass homophobe Einstellungen mit Nichten eine mittelalterliche Erscheinung seien, die das aufgeklärte Europa längst überwunden habe.Er zeigt vielmehr, dass es in unseren Breiten zwar keine Srafverfolgung mehr gebe, neue Studien mit schwul-lesbischen jugendlichen aber zeigen,das negative Einstellungen und Gewalt gegen Homosexuelle in dieser Gesellschaft nach wie vor ein Thema sind. Insofern ist wohl etwas mehr Selbstreflexion angesagt.
Insgesamt bin ich geneigt Klaudas Analyse zu teilen,sie erklärt aber nicht alles. Die Wahhabiten in Saudi-Arabien waren soweit ich die Geschichte im Kopf habe nie Kolonialisiert.Trotzdem entwickelten sie im 18. Jahrhundert ihre Frauen und Schwulen feindliche Lehre.Insofern greift es für mich ein wenig zu kurz alle Schuld dem Kolonialismus anzulasten, obwohl dieser offenbar einen großen Teil der Verantwortung für die heutige Homophobie in der islamischen Welt zu tragen scheint.
Leider fehlen mir die Kenntnisse um hier in eine vertiefte Analyse darüber einzusteigen,wie viel Homophobie sozusagen Home grown und wie viel importiert worden ist.Vermutlich lässt sich so etwas ohnehin nicht vernünftig quantifizieren.Falls ein Sachkundiger Leser oder eine Sachkundige Leserin in den Kommentaren etwas ergänzen möchte würde mich dass sehr freuen.
Mir bleibt vorerst nur noch viel Vergnügen mit dem Vortrag zu wünschen!