Du sollst deine Fahne lieben !

Ein Sturm der Entrüstung fegt durch die Republik.Ziel diverser Angriffe aus der CDU/CSU und FDP ist der Grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Strobele. Worin besteht Ströbeles Vergehen? Er hat in einem Interview mit dem Deutschlandfunk erklärt,dass ihn eine übermäßige Beflaggung ein wenig "an nationale Überbetonung, an nationalistische Tendenzen" erinnere. Ströbele bezog sich dabei auf die exzessive Beflaggung während der Fussballweltmeisterschaft 2006, bei der er sich etwas unwohl gefühlt habe.

Politiker der Union bezichtigten ihn deshalb eines gespaltenen Verhältnisses zur Deutschen Nation. Der CSU Hardliner Norbert Geis, der sich auch gerne als Schwulenhasser profiliert erklärte
"Wenn Herr Ströbele ein gebrochenes Verhältnis zu seinem Vaterland hat, muss er das nicht an die große Glocke hängen. Abgeordnete sollten ein respektvolleres Verhältnis zu den Symbolen der deutschen Nation haben"


Was lernen wir also aus dieser Petitesse? Offensichtlich ist die Revitalisierung unseres Nationalbewusstseins in den letzten Zwei Jahren soweit voran geschritten,dass die Artikulation eines distanzierten Verhältnisses zu Fahne und Nation bereits als ein grobes Vergehen betrachtet wird. Es gilt das ungeschriebene Gesetz du sollst deine Fahne lieben.Mir gibt ein solcher Zustand zu denken, den dass es im letzen Jahrhundert genug Ereignisse gab die ein distanziertes Verhältnis zu Nation und Vaterland mehr als rechtfertigen muss an dieser Stelle nicht extra ausgeführt werden.

Es sollte in diesem Land möglich sein diese Position zu vertreten ohne als Nestbeschmutzer angesehen zu werden.Vielleicht haben all die Linken, die im sogenannten aufgeklärten Patriotismus der letzten WM und EM ein Vehikel zur Reaktivierung alter Nationalismen sehen doch nicht ganz unrecht.In Jedem Fall ist es seitdem wieder hipp sich Positiv auf seine Nation zu beziehen.Nicht zwangsläufig eine gute Entwicklung.
Henning |

5 Kommentare:

  1. Da hast du ein Thema aufgegriffen, das mich auch schon beschäftigt hat. Ich selbst habe für mich ein recht positives Verhältnis zum Flagge zeigen entwickelt, da ich weiß, dass man das problemlos als Fussballfan-Statement betrachten kann ohne zu Chauvinismus zu neigen. Es geht ja nur um Fussball.
    Die Reaktionen konservativer Politiker lassen aber doch wieder vermuten, dass die deutsche Gesellschaft zumindest in Teilen diesen Sportpatriotismus als Einladung zum neuen Nationalismus auffasst. Anders kann ich die beleidigten Kommentare nicht verstehen, wenn Ströbele während der WM eine Deutsch-Türkische Flagge angenommen hat. Er hat Sport als Völkerverständigung und Miteinander begriffen, einige andere wohl nicht und sehen ihr "Nationalheiligtum" verletzt. Offenkundig die gleichen, die Deutsch in die Verfassung schreiben wollen. Darf ich vermuten, dass das meistens Leute sind, die keine Fremdspache sprechen? Also die Weltoffenheit in Person...

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  2. Also wer z.B. deutsche SoldatInnen zur Sicherung "deutscher Interessen" in alle Welt schickt, will folgerichtig auch endlich wieder stolz sein dürfen auf "sein" bzw. ihr" Land. Deutschland ist ja endlich schließlich wieder wer.
    Du weißt ja, dass ich von Nationalstolz und Nationalismus egal in welchem Ausmaß, ob getarnt als sog. Patriotismus oder andere Arten von Identifikation mit der Nation, die notwendig alle Menschen ohne diese Staatsbürgerschaft ausschließen, nix halte.
    Und auch wenn Tobias meint, es ginge bei Länderspielen nur um Sport, so stellt er sich blind gegenüber der politischen Dimension des Fußballs und des Sports allgemein.
    Letzten Juni habe ich ja einige kritische Beiträge zur EM und der Problematik des Nationalismus geschrieben. Alle Beiträge, die von Interesse sein könnten, finden sich im Archiv.
    Letztlich finde ich die Entwicklung der überdrehten Beflaggung und auch die offensive öffentliche Verteidigung der Nationalsymbole symptomatisch für das Wiedererstarken eines deutschen Nationalismus, der als "Normalisierungsprozess" daherkommt. Eine Besorgnis erregende und gefährliche Entwicklung in einem Land, von dem eigentlich kein Krieg mehr ausgehen sollte, das aber heute munter auf der Weltbühne nicht nur ökonomisch, sondern auch politisch und militärisch mitmischt.

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  3. Ich gehe davon aus, dass Sport für die politische Dimension instrumentalisiert wird, Sport ist nicth per se politisch. Menschen verstehen sich immer als einer Gruppe zugehörig, und diese Gruppe kann nicht nur die Menschheit sein, da diese Gruppe zu groß wäre und nicht greifbar. Man kann einer Gruppe aber problemlos angehören, ohne diese Gruppe in ihrem Wert über andere zu stellen. Leider können das nur sehr wenige.
    Ich hatte in meinem Methodenseminar-Hausarbeit nach der Gruppe gesucht, die Sportfan ist ohne chauvinistisch zu sein. Es gibt sie in der Tat, sie ist aber ziemlich klein. Ändert aber nichts an der Tasache, dass das funktionieren kann. Ich vermute mal, auch hier wäre "Bildung" ein Weg diese Gruppe auf Kosten der chauvinistischen zu vergrößern.

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  4. Ich weiß ja nicht so recht auf wessen Seite ich mich in dieser Diskussion schlagen soll. Deshalb versuche ich jetzt mal einen Mittelweg.Sicher ist die Gruppe der nicht chauvinistischen Sportfans durchaus existent. Allerdings ist die Gruppe der Menschen bei denen über den Sport Nationalismen reaktiviert werden ungleich größer.

    Es ist Aufgabe einer vernünftigen Bildungspolitik das Heer der Aufgeklärtem Fans zu vergrößern.Darüber hinaus kommt den Sportverbänden eine wichtige Rolle zu. Sie müssen Chauvinismus bekämpfen.Der Grad zwischen fröhlichem Sportpatriotismus und Nationalismus ist und bleibt aber schmal.

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  5. Ich meine das Zeigen der Flagge an Autos, Häusern etc. während der Fußball WM & EM ist eher ein Ausdruck der Begeisterung und der Zugehörigkeit zu einer (Fan)Gruppe als neu erstarkender Nationalismus. Wo sind die Flaggen jetzt? Wohl eher eingepackt bis zur nächsten WM 2010.

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